Als ich diesen Titel eines Posts von Mario Grobholz in meinem Twitter-Stream las, dachte ich: Genau deshalb blogge ich zur Zeit nicht, weil ich das für mich richtige Streaming-Tool noch nicht gefunden habe.
Streaming
Was ist “Streaming”? Auch Flow für engl. “das Fließen, der (Daten)Fluss”.
Man versteht darunter den Datenfluss im Internet, den der User sofort und ich Echtzeit erhält. Email gehört nicht dazu, denn die erhält die Empfängerin erst, wenn sie ihre Mailbox öffnet, das kann 1 Minute oder 3 Tage später sein.
Ein Blog gehört auch nicht dazu, weil du den Text nicht lesen kannst, während ich ihn schreibe, sondern erst nachdem ich ihn veröffentlicht habe und du ihn dann später hier oder im RSS-Reader aufrufst, und er nicht in deinem ‘Stream’ erscheint, sondern höchstens ein Hinweis darauf. Das gleiche gilt für Kommentare. Viele kommen gar nicht zurück, um eventuelle Kommentare zu lesen.
Die enge Verbindung zwischen Blog-Beiträgen und den dazugehörigen Kommentaren mag zuerst als positives Zusammenspiel erscheinen, ist aber sehr begrenzt und geschlossen. Um einen interessanten Kommentar-Thread zu verfolgen, müssen die Leute zum Beitrag gehen, den Kommentar-Link öffnen und runter scrollen, bis sie das Gesuchte finden. Zu aufwändig, dieses “umher wandern im Netz von Seiten”. Es ist wie ein Ausflug in die Bücherei.
Was du brauchst und willst, kommt zu dir
Twitter und ähnliche Anwendungen (Friendfeed, Facebook) dagegen basieren auf dem “Web im Fluss”: Informationen aller Art fließen zu uns, nicht anders herum. Und dieser Fluss wird durch Menschen angestoßen, kommt durch Beziehungen zustande, und besteht nicht aus einem Haufen von Klicks, Scrollen und dergleichen. Es ist eine Bewegung weg vom “Jagen und Sammeln” zu einer Beziehungs-Kultur.
Unsere Flow-Anwendung, unser Life-Stream, ist das Sammelbecken für erwünschte Information, anstatt dass wir ihr mit großem Zeitaufwand hinterher eilen müssen.
Sind Blogs überholt?
Tendenziell verlagert sich Kommunikation, also auch Blog-Kommentare, mehr und mehr in die Streams von Twitter und Facebook, wo in lockerem Gesprächsstil Austausch viel einfacher, zeitnaher und schneller geht.
Werden dadurch Blogs unattraktiv, weil sie zwar den Artikel und die Information bieten, aber künftig immer weniger Kommentare und Diskussionen enthalten?
Was wird dann aus den Blogs, wenn die Konversation darüber woanders stattfindet?
Sie werden der Ort sein, wo wir unsere Beiträge archivieren, wo die Leute sie finden können, wenn sie sie brauchen. Das ist notwendig.
Nach diesem Prinzip verfahre ich seit Jahren mit meinen Websites und diesem Blog. Nur im Blog publiziere ich noch; um vertiefende Informationen anzubieten, verweise ich auf Website-Artikel, von denen ich in der Vergangenheit reichlich geschrieben habe.
Beim Bloggen bleibt das austauschende Gespräch mit Gleichgesinnten auf der Strecke. Das Fließen von Gedanken hin und her fehlt.
Beim Entwerfen moderner Blog-Software hatten die Entwickler nicht “Flow” im Sinn: Diese Software basiert noch auf Web 1.0-Prinzipien. Und obwohl sie dabei geholfen hat, eine Revolution in Sachen ‘Sozialfähigkeit’ zu erzeugen, unterstützt sie dies selbst nicht besonders gut.
Wie finden wir, was wir suchen?
Ich gelange zu Blog-Posts zunehmend über Erwähnungen in Form von ‘Gesprächsstückchen’ auf Twitter (viele Leute nutzen dazu auch Facebook oder Friendfeed.) Dazu muss ich nicht mal den Browser öffnen und eine Website ansteuern. Nachdem ich den PC angeschaltet habe, erscheint am Rand des Monitors ein ca. 12 cm breiter Streifen (die Software “Twhirl”), wo zwei- bis dreizeilige Sätze mit einem Link aufgelistet sind. Sie machen mich aufmerksam auf Dinge, die mich interessieren.
Da steht zum Beispiel:
Ende der E-Mail? http://post.ly/2E23
dann kommt die nächste Zeile:
8 Valuable Lessons Newspapers Must Learn From Bloggers to Survive http://is.gd/2fZZW
Manchmal überfliege ich die Liste, also meinen ‘Stream’; manchmal öffne ich gleich ein Windows-Fenster, das ihn überdeckt und ich beachte ihn gar nicht. (Ich gehe auch nicht immer ans Telefon, nur weil es gerade klingelt.)
Wenn mich eine Nachricht interessiert und ich mir Zeit dafür nehmen will, klicke ich auf einen Link in dem abwärts strömenden Fluss (es fließen von oben ständig neue Infos rein), schaue mir den ganzen Artikel an, und biete meine Sichtweise im Flow/Stream an, also auf Twitter oder Friendfeed, und nicht auf dem Blog. Danach kehre ich zurück zu meinem Info-Fluss (flow), wo ich mich die meiste Zeit aufhalte.
Das macht Sinn: Denn ich will über den Blog-Post mit der Person reden, die mich darauf aufmerksam gemacht hat, und nicht mit einer fremden Gruppe auf dem Blog, oder sogar mit dem Autor, den ich wahrscheinlich überhaupt nicht kenne.
Stowe Boyd (er prägte den Begriff ’social tools’ bereits 1999) empfiehlt “Web of Flow” ein paar mal hintereinander zu sagen:
So say “Web of Flow” a few times. Get used to it. Tell all your friends. It may wind up being called the Real Time Web, but you’ll know what is really going on if someone asks you.
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